Freitag, 31. März 2023

Sonntags völlig fix und foxi

 Kindheit in München · 1960-1968 · Teil 04

Mindestens zweimal im Monat trieb es meinen Vater am Sonntag Nachmittag zum Hauptbahnhof um sich dort mit Zeitungen und Zeitschriften zu versorgen. Die politische Lage war weltweit angespannt und Vattern wollte informiert bleiben. Unter der Woche konnte er sich nur über die Nachrichten im Radio aufregen. Am Sonntag musste es schwarz auf weiß sein. Mich als Kind interessierte die wirre Welt der Erwachsenen überhaupt nicht. Viel interessanter waren die neuen Comic-Hefte die es am Zeitungsstand zu erstehen gab. Die Verkäuferinnen trugen alle einheitliche Kleidung aus irgendeinem glänzenden Material. Vermutlich die damals neue Kunstfaser Nylon. Ein fürchterliches Zeug wenn man darin schwitzte. 



Die große Frage – welches Heft – die Entscheidung fiel mir jedes mal schwer. Ich mochte die langen 'Micky-Maus'-Geschichten, es gefielen mir aber auch 'Tom + Klein-Biberherz' oder 'Maulwurf Pauli' im Fix-und-Foxi-Heft. Die glänzenden Verkäuferinnen waren immer etwas genervt wenn ich wissen wollte welche Geschichten in den jeweiligen Heften waren. Selbst durchblättern durfte man als Kind dort nichts. Ich verweigerte dann einfach den Kauf wenn mein Vater oder ich keine Auskunft bekamen.


Leider waren Micky oder Tom+Biber oft Fortsetzungsgeschichten und weil ein wöchentlicher Kauf nicht möglich war, musste ich mir das Ende einer Story manchmal selbst ausdenken. Die Phantasie war beflügelt. Ausserdem musste ich nach Kassenlage kaufen. Die selbst verdienten Pfennige waren hart erarbeitet und in Summe entschied es sich dann welches Heft ich mir dann davon leisten konnte. Meistens wurde es das Fix+Foxi-Heft – das war etwas günstiger als die Micky Maus. Vater stockte fast jedesmal den Betrag auf.


Nach Zeitungs- und Hefte-Kauf kam der gemütliche Teil des sonntäglichen Ausflugs – Papa spendierte was zu essen und zu trinken. Dabei gab es auch verschiedene Preisklassen. Selbstbedienung im Stehimbiss war die günstigste. Sehr selten durfte es aber auch das teure Aussichtsrestaurant im ersten Stock des rechten Flügels sein. Meistens wenn wir Besuch bekamen. In dieser Galerie mit Aussicht hätte ich stundenlang sitzen und schauen können was unten in der Schalterhalle alles passiert.


Der BR hat damals ein Mini-Fernsehspiel über den Ablauf
im Hauptbahnhof gedreht. 

Eine Zugfahrt vom Dachauer Land nach München –
der Summerer Wastl besucht seinen Enkel Rudi in der Stadt >>>

Interessant zu sehen was die Bahn damals noch für Funktionen hatte, die heute nicht mehr existieren. Z.B. wurden die Postwaggons komplett abgeschafft. Heute werden Pakete mit LKWs und Flugzeugen zu Sortierzentren in der Pampa gekarrt und dabei Tonnen von Benzin- und Kerosin-Abgase in die Umwelt geblasen. Damals ging das alles umweltschonend mit Waggons an E-Loks. Von wegen die Behauptung der Politik den Güterverkehr wieder auf die Schiene bringen. Gab es doch alles schon – warum wurde die Infrastruktur überhaupt zerstört?

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