Ich stelle mir grade vor wie die kleine Momo, schmutzfüssig, mit ihrem Flickenrock und dem zu grossen Sakko bekleidet vor dem Eingang zur Frankfurter Buchmesse steht und hinein möchte. Um sich dort all die Bücher anzuschauen die die grauen Damen für Kinder herausgeben.
Momo dürfte nicht in die Frankfurter Buchmesse-Hallen.
Erstens weil Momo eben schmuddelig ist. Das passt nicht zu den schicken Klamotten der Leiterinnen, Lektorinnen, Vertriebsmanagerinnen von Kinderbuch-Verlagen. Auch nicht zu den Parfum-Duftwolken. Kindliche Schmutzfüsschen neigen zu strengerem Geruch.
Zweitens weil Kinder an den ersten Messetagen unerwünscht sind. Sie würden die Geschäfte stören. Die grauen Verlags-Damen und auch viele graue Verlags-Herren sind auf Umsatz getaktet. Zeit ist Geld. Die Termine sind Zeitfenster. Doch wohin könnte eine Momo durch so ein Zeitfenster schauen, was würde sie sehen? Jedenfalls keinen Sternenhimmel. Auch keine anderen Kinder.
Momo würde sich vom Haupteingang der Buchmesse abwenden und zum Hintereingang gehen. Wo die Abfall-Container stehen und die Tonnen mit Essensresten entsorgt werden. Dort wo sie vielleicht einen Beppo, den Straßenkehrer treffen könnte. Heute wäre Beppo vielleicht eine unterbezahlte Arbeitskraft mit Migrationshintergrund oder Kriegsflüchtling. Momo würde ihnen zuhören wie sie ihr Leid klagen.
Aber keine Sentimentalitäten – Momos weltbekannte Geschichte erschien vor 50 Jahren und aus diesem Jubiläum muss Umsatz generiert werden.
Man nehme dazu die ersten Kapitel des Klassikers, also quasi den romantischen Teil, verhackstücke sie zu Text-Bausteinen und dekoriere alles mit zuckersüssen Illustrationen zu einem Bilderbuch.
Den kritischen Hauptteil, sozusagen das Herz der Geschichte, Momos Feldzug gegen die grauen Herren und ihre Geldgier lässt man besser weg.
Den kritischen Hauptteil, sozusagen das Herz der Geschichte, Momos Feldzug gegen die grauen Herren und ihre Geldgier lässt man besser weg.
Was der Thienmann-Verlag da in die Buchhandlungen gebracht hat mag beim durchblättern jeder beurteilen wie er will. Mit der Intention die Michael Ende im Momo-Märchen hatte, hat es aber eigentlich nichts mehr zu tun.